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04.06.2025

Vertrieb – prozessoptimiert und systemisch oder weiterhin neigungsorientiert und individuell?

Vertrieb ist Chefsache. Vertrieb ist Teamsache. Vertrieb ist System. Und trotzdem wird er in vielen Industrieunternehmen noch immer als individuelle Leistung verstanden – geprägt von persönlichen Stärken, Routinen und Netzwerken einzelner Mitarbeiter. Das kann kurzfristig funktionieren – langfristig ist es aber riskant.

In Zeiten stagnierender Märkte, wachsender Unsicherheit und steigendem Margendruck braucht es mehr als gute Verkäufer. Es braucht ein Unternehmen, das als Ganzes verkauft – strukturiert, abgestimmt und mit einem klaren Fokus auf die richtigen Kunden.

Die Realität: Vertrieb als "Einzelkampfsport"

Viele Unternehmen im industriellen Umfeld setzen im Vertrieb weiterhin auf individuelle Herangehensweisen:

Angebote werden nach persönlichem Gefühl priorisiert
Besuchsberichte werden sporadisch verfasst oder auch nicht gelesen
Kundenkommunikation läuft außerhalb des CRM
Wer fragt, bekommt ein Angebot – unabhängig vom Kundenpotenzial
Angebote werden erstellt aber nicht ausreichend bis zu einer Kaufentscheidung begleitet
Persönliche Zielerreichung wird über den Unternehmenserfolg gestellt – oft unterstützt durch falsch gesetzte Incentives

Vertrieb erfolgt neigungsorientiert – das heißt, stark geprägt durch persönliche Stile, Bauchgefühl oder Beziehungspflege einzelner Vertriebsmitarbeiter. Das ist nicht grundsätzlich falsch, aber: Es ist weder skalierbar noch steuerbar – und vor Allem nicht zukunftssicher.

Warum das problematisch ist

1. Fehlende Transparenz über Pipeline und Forecasts

Ohne systematische, einheitliche Nutzung von Tools und Prozessen fehlt die Grundlage für verlässliche Vertriebssteuerung. Die Pipeline wird zur Blackbox – und damit zum Risiko für Planung und Investitionen.

2. Wissensverlust bei Fluktuation

Wenn Kundenbeziehungen als „Personenbesitz“ verstanden werden, wird jeder Wechsel zur Sollbruchstelle im Kundenkontakt denn der Kunde identifiziert sich mit der Person und nicht mit dem Unternehmen.

3. Verpasste Chancen durch fehlenden Fokus

Vertriebsressourcen werden oft gleichmäßig oder historisch verteilt – statt potenzialorientiert. Es werden die Kunden priorisiert zu welchen man bereits gute Kontakte hat statt die Möglichkeiten zum Geschäftsausbau in den Vordergrund zu setzen. A-Kunden bleiben unterversorgt, C-Kunden werden überbetreut.

4. Verlorene Opportunities durch fehlenden systemischen Ansatz

Der Vertrieb agiert isoliert und selbst innerhalb des Vertriebes geht man individuell und losgelöst vom System vor. Dabei liegt enorme Kraft darin, auch andere Bereiche – etwa Projektleitung, Service, Entwicklung – gezielt als Impulsgeber in den Vertriebsprozess einzubinden. Systemischer Vertrieb bedeutet: Jeder im Unternehmen kann zur Geschäftsausweitung beitragen – bewusst und im richtigen Moment.

5. Unverbundene Schnittstellen

Produktmanagement, Marketing, Anwendungstechnik oder Kundenservice bleiben ungenutzt, wenn der Vertrieb kein systemisches Verständnis teilt oder Informationen nicht strukturiert weitergibt.

Die Alternative: Vertrieb als System

Ein starker Vertrieb basiert nicht auf Zufall, sondern auf klaren Strukturen, abgestimmten Prozessen und gemeinsamer Verantwortung. Die zentralen Hebel:

1. Ein klares Zielkundenkonzept

Nicht jeder Kunde bietet dieselben Chancen. Wer seine Kräfte fokussiert, kann Wirkung entfalten. Das setzt voraus:

Strukturierte Markt- und Kundensegmentierung
Priorisierung von Zielkunden und Buying-Centern
Differenzierte Strategien pro Segment oder Branche
Berücksichtigung direkter und indirekter Absatzwege

2. Standardisierte Prozesse – mit Raum für Individualität

Kernprozesse wie Lead-Management, Angebotsverfolgung oder Opportunity-Pflege schaffen Transparenz und Vergleichbarkeit. Standards geben Richtung, individuelle Stärken bringen Dynamik – aber innerhalb eines definierten Rahmens. Es ist leicht, eine Organisation mit Prozessen zu überlasten. Deshalb ist es wichtig, sich immer vor Augen zu halten : „So viel wie nötig – aber so wenig wie möglich“ .

3. Verzahnung mit Marketing, Produktmanagement und Co.

Vertrieb ist kein Solist. Ein verzahnter Go-to-Market-Ansatz entsteht, wenn:

Marketing qualifizierte Leads generiert
Produktmanagement vertriebsrelevante Alleinstellungsmerkmale bereitstellt
Branchenmarketing Marktchancen frühzeitig erkennt
Die Kommunikation den gewählten Fokus berücksichtigt und nicht davon losgelöst Aktivitäten initiiert.
Der Vertrieb diese Impulse systematisch verarbeitet

4. Digitale Tools mit echtem Mehrwert

Ein CRM-System ist kein Kontrollinstrument, sondern ein Koordinationszentrum. Leider wird dies oft verwechselt. Seine Wirkung entfaltet es nur, wenn

es sinnvoll integriert ist
alle Beteiligten geschult sind
die Nutzung kulturell verankert ist – von der Führung bis zum Außendienst

5. Führung, die Vertrieb ernst nimmt

Vertrieb braucht Präsenz auf allen Entscheidungsebene – auch auf der Geschäftsleitungsebene – mit klaren Zielen, regelmäßiger Steuerung und strategischem Stellenwert. Sonst bleibt er eine operative Baustelle.

Vom Einzelkämpfer zum Systemischen Vertrieb

Ein gut strukturierter, systemischer Vertrieb bedeutet nicht, dass persönliche Stärken und Beziehungen entfallen. Im Gegenteil: Sie werden gestärkt und abgesichert. Denn ein System gibt Orientierung, ermöglicht Transparenz, bietet Unterstützung und verbessert Zusammenarbeit – und macht Vertriebserfolg wiederholbar.

Wer Vertrieb als System denkt, schafft Resilienz, Effizienz und Wachstum – nachhaltig und reproduzierbar.

Hinweis: Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wurde die männliche Form verwendet. Sie bezieht sich stets auf Personen aller Geschlechter.



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